Kapitalgebundene Unternehmen in Insolvenz
Besonderheiten für kapitalgebundene Unternehmen als juristische Person (AG, GmbH, KGaA)
Insolvenzgründe bei Aktiengesellschaften (AG), Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), ausländischen Kapitalgesellschaften (zum Beispiel Limited Company / Ltd.) sind
- drohende und eingetretene Zahlungsunfähigkeit
- Überschuldung
Antragspflicht und Frist
Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer* kapitalgebundener Gesellschaften haben das Recht und die Pflicht, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen. Die Pflicht dazu besteht, sobald die organschaftlichen Vertreter Kenntnis haben oder haben können, dass Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten ist. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit besteht keine Antragspflicht.
Der Eröffnungsantrag muss unverzüglich gestellt werden. Nur bei aussichtsreichen Sanierungsverhandlungen kann das erst nach spätestens drei Wochen erfolgen. Die gleiche Verpflichtung trifft auch den Gesellschafter einer GmbH oder den Aufsichtsrat einer AG, die keinen Geschäftsführer beziehungsweise Vorstand (mehr) haben.
Wird der Eröffnungsantrag nicht, nicht rechtzeitig oder in unzureichender Weise gestellt, drohen haftungsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen.
Hat ein Gläubiger einen Eröffnungsantrag gestellt, entbindet das nicht von der Verpflichtung, für die Gesellschaft einen eigenen Eröffnungsantrag zu stellen.
*) Um verständlich zu bleiben, beschränken wir uns auf die verallgemeinernden Personenbezeichnungen, sie beziehen sich immer auf jedes Geschlecht – die Redaktion
Haupt- und Gesellschafterversammlung (AG und GmbH)
Schon vor Eintreten des eigentlichen Insolvenzgrundes muss der Vorstand einer Aktiengesellschaft die Hauptversammlung einberufen, wenn ein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals entstanden ist. Der Vorstand hat die Gesellschafter zu informieren, wenn er annehmen muss, dass die kritische Vermögensgrenze überschritten ist – nicht erst, wenn dies eine Jahres- oder Zwischenbilanz ergibt.
Eine entsprechende Pflicht trifft den Geschäftsführer einer GmbH, bezogen auf das Stammkapital. Hier ist das Ergebnis der Jahres- oder Zwischenbilanz entscheidend. Stellt sich bei der Vermögensaufstellung ein Verlust in der oben genannten Höhe ein, muss die GmbH-Geschäftsführung unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einberufen – bei der Unternehmergesellschaft zudem schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit.
Haftung
Leistungen, die entgegen dem Gesetz erbracht wurden, müssen Vorstände und Geschäftsführer ihrem Unternehmen ersetzen. Auch gegenüber Dritten können sich Vorstände und Geschäftsführer persönlich haftbar machen – im Falle widerrechtlich nicht gezahlter Sozialabgaben und Steuern zum Beispiel.
Der Haftungsfall tritt grundsätzlich nur bei einem schuldhaften Verhalten ein. Um das von vornherein zu vermeiden, sollten Vorstände und Geschäftsführer rechtzeitig qualifizierten externen Rat einholen.
Strafbestand
Stellt das zuständige Organ einer Kapitalgesellschaft (Vorstand einer AG, der Geschäftsführer einer GmbH oder der Director einer Limited) nicht oder nicht rechtzeitig einen Insolvenzantrag, macht er sich regelmäßig wegen Insolvenzverschleppung strafbar. Gleiches gilt für den Gesellschafter einer GmbH, wenn diese keinen Geschäftsführer mehr hat oder den Aufsichtsrat einer AG, wenn kein Vorstand vorhanden ist.
Den Kapitalgesellschaften gleichgestellt werden Personengesellschaften, bei denen keine natürliche Person persönlich haftender Gesellschafter ist (zum Beispiel Regelfall der GmbH & Co KG; Limited & Co KG). Auch für deren Organe ergeben sich die beschriebenen Konsequenzen.
Steuern
Erfüllung steuerlicher Pflichten
Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert eine Körperschaft weder ihre rechtliche Identität noch die Rechtsfähigkeit und ihre Organe. Lediglich das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das schuldnerische Vermögen geht auf den Insolvenzverwalter über.
Im Umfang ihrer Verwaltungsbefugnis übernimmt die Insolvenzverwaltung von da an die steuerlichen Pflichten des schuldnerischen Unternehmens für Zeiträume vor und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Daneben bestehen jedoch die steuerlichen Pflichten der organschaftlichen Vertreter noch teilweise fort, so insbesondere die Mitwirkungs- und Auskunftspflichten.
Haftung
Als vertretungsberechtigtes Organ einer Körperschaft können Sie als Haftungsschuldner für uneinbringliche Steuern der insolventen Körperschaft insbesondere dann in Anspruch genommen werden, wenn Sie durch grob fahrlässige oder vorsätzliche Verletzung steuerlicher Pflichten bewirkt haben, dass Steuern nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder entrichtet wurden.
Schuldenbereinigung
Das Finanzamt kann sich an der Schuldenbereinigung beteiligen (außergerichtlicher Vergleich, Insolvenzplan), indem es zeitweilig oder endgültig darauf verzichtet, Steuern einzuziehen. Voraussetzung dafür ist, dass diese Möglichkeit nach den Vorschriften der Abgabenordnung beziehungsweise im Rahmen der Regelungen der Insolvenzordnung in Betracht kommt.
Rechtsgrundlage
- § 15 Abs.3 Insolvenzordnung (InsO) – Antragsrecht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit
- § 15a InsO – Antragspflicht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit
- § 92 Aktiengesetz (AktG) – Vorstandspflichten bei Verlust, Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit
- § 5 a Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) – Unternehmergesellschaft
- § 49 Abs. 3 GmbHG – Einberufung der Versammlung
Freigabevermerk
Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung. 12.01.2024